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Ockham’s Razor

Ockham’s Razor, auf Deutsch Ockhams Rasiermesser, ist ein Prinzip der Logik und Wissenschaft, das besagt: „Von mehreren möglichen Erklärungen für ein Phänomen sollte man die einfachste bevorzugen, solange sie alle bekannten Fakten berücksichtigt.“ Es ist kein unumstößliches Gesetz, sondern eine methodische Regel, die hilft, unnötige Annahmen zu vermeiden. Die Grundidee lautet: Die einfachste Lösung ist oft die beste.

Der Name geht auf den englischen Franziskanermönch und Philosophen Wilhelm von Ockham (ca. 1287–1347) zurück. Er formulierte das Prinzip nicht wörtlich, aber seine Schriften betonten wiederholt, dass man in wissenschaftlichen und philosophischen Erklärungen keine überflüssigen Annahmen machen sollte. Später wurde dieses Denkwerkzeug als „Rasiermesser“ bezeichnet, weil es überflüssige Hypothesen „abschneidet“.

Ockham’s Razor ist besonders in Wissenschaft, Philosophie und Problemlösung bedeutsam, weil es hilft, Hypothesen klar und überprüfbar zu formulieren. Komplexe Erklärungen können zwar richtig sein, sind aber oft fehleranfälliger, schwerer zu überprüfen und enthalten mehr Annahmen, die widerlegt werden können. Die Regel leitet dazu an, zuerst die naheliegende Lösung zu prüfen, bevor man kompliziertere Theorien entwickelt.

Wenn das Licht nicht funktioniert, ist die einfachste Erklärung meistens, dass die Glühbirne durchgebrannt ist – und nicht, dass ein Kurzschluss in der gesamten Hausinstallation vorliegt. Wenn jemand seine Schlüssel nicht findet, ist es wahrscheinlicher, dass sie irgendwo im Haus liegen, als dass sie gestohlen wurden. Auch in der Medizin wird Ockham’s Razor angewendet: Bei Symptomen wird zunächst die häufigste und einfachste Diagnose in Betracht gezogen, bevor man an seltene, exotische Krankheiten denkt.

Das Prinzip ähnelt dem Sprichwort „Keep it simple“ (KISS-Prinzip), das ebenfalls zur Einfachheit rät.

Gleichzeitig wird es oft im Gegensatz zu Murphy’s Law betrachtet: Während Murphy’s Law davon ausgeht, dass Probleme auftreten werden, setzt Ockham’s Razor darauf, dass eine einfache Erklärung genügt, ohne zusätzliche Fehlerquellen einzubauen. In der Wissenschaft steht es auch im Spannungsfeld zu Theorien, die viele Zusatzannahmen enthalten, wie z. B. Verschwörungstheorien.

Ockham’s Razor bedeutet nicht, dass die einfachste Erklärung immer wahr ist. Es ist eine Heuristik, kein Beweis. Manchmal ist die Wirklichkeit komplex, und die korrekte Erklärung kann mehrschichtig sein. Auch sollte das Prinzip nicht mit einem „Sparsamkeitszwang“ verwechselt werden, der komplizierte, aber zutreffende Modelle ausschließt.

 

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